Niemand wird durch Geburt zum Menschen
Wir müssen keine Wissenschaftler sein, um das zu verstehen. Lobbygruppen fordern nun, den vorgeburtlichen Menschen legal töten zu dürfen - und zwar bis zu einer Körpergröße von bis zu 28 cm (Scheitel-Fersen-Länge). Denn genau diese Größe kann der Mensch im Leib seiner Mutter haben, wenn die 22. Woche nach der Empfängnis (p.c. = 24. Schwangerschaftswoche, SSW) erreicht ist. Dass es bei dieser Forderung um das legale Tötenlassen eines vorgeburtlichen Menschen mit möglichen Überlebenschancen außerhalb seiner Mutter geht, ist offensichtlich. Es gibt kein gutes Töten eines unschuldigen Menschen. Um zu diesem moralischen Urteil zu gelangen, muss man kein Philosoph sein.
Der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) lehnt, u.a. mit folgender Begründung, die Forderungen nach Abtreibungen bis zur 22. SSW p. c. / 24. p. m. ab:
„Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs jenseits der 13. + 6. SSW stellt für die durchführenden Ärztinnen und Ärzte zum einen medizinisch zunehmend eine anspruchsvollere, zum anderen eine psychisch stark belastende Situation dar. Die 22. SSW p.c. bedeutet, dass die Schwangere im 6. Monat schwanger ist und fast alles am Foetus entwickelt ist. Es hat die Struktur eines Neugeborenen, es ist nur kleiner und fragiler und muss in diesem Stadium lediglich bis zur Geburt an Gewicht zulegen.“
Nicht bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten machen den Menschen zum Menschen, sondern sein Sein. Graduelles (allmähliches) Menschsein gibt es nicht. Wohl aber gibt es sich allmählich entwickelnde Eigenschaften und Fähigkeiten, die im Menschsein angelegt sind.
Mit dem Entstehen eines neuen Menschen beginnt die Schwangerschaft. Dieser Moment, der durch den technischen Fortschritt auch sichtbar gemacht werden kann, wird als Empfängnis (Konzeption) bezeichnet. Die aktuell gängige Definition geht erst ab der Einnistung des Kindes in die Gebärmutter von einer Schwangerschaft aus. Ob die Erkenntnisse der modernen Wissenschaften in die Lebenswirklichkeit der menschlichen Gesellschaft integriert werden oder nicht, hat etwas mit Anerkennung beziehungsweise Ignoranz zu tun.
Menschliches Leben hat immer eine seinsmäßige Würde und ein unveräußerliches Lebensrecht, in jedem Stadium seiner Existenz. Kein Mensch hat das Recht, anderen Menschen ihr Menschsein abzusprechen, um sie so legal töten zu können.
Dr. Raphael Bexten