Lebensschutz statt Fremdbestimmung

Die Debatte um den § 218 StGB von Dr. Rainer Beckmann

Lebensschutz statt Fremdbestimmung

Alle Menschen stehen unter dem Schutz der Verfassung, auch ungeborene Kinder. Kinder werden nicht vom Klapperstorch gebracht, sondern wachsen und reifen als Lebewesen der Art „Mensch“ im Mutterleib heran. Sie haben deshalb Anspruch auf Achtung ihrer Menschenwürde und ihres Rechts auf Leben (Art. 1 und 2 GG).

Dieser Sachverhalt spiegelt sich auch im Strafrecht wider: Wer in den natürlichen Vorgang der Schwangerschaft eingreift und vorsätzlich einen ungeborenen Menschen tötet, macht sich nach § 218 Abs. 1 StGB prinzipiell strafbar. Geht es nach den Vorschlägen einer von der Bundesregierung eingesetzten Kommission, soll die Tötung ungeborener Kinder („Schwangerschaftsabbruch“) in der „Frühphase der Schwangerschaft“ künftig aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden. Der verfassungsrechtliche Schutzanspruch würde dadurch noch weiter aus dem Blickfeld geraten – nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für die Politik.

Eigentlich müssten sich alle politischen Parteien dafür einsetzen, das Bewusstsein für die Schutzbedürftigkeit des menschlichen Lebens zu stärken. Von der Kommission werden stattdessen Gesetzesänderungen gefordert, die Abtreibungen als „normale Gesundheitsdienstleistungen“ erscheinen lassen: Wegfall der Strafbarkeit, Vermittlung von Abtreibungstechniken als verpflichtender Bestandteil des Medizinstudiums, flächendeckendes Angebot an Abtreibungseinrichtungen, Übernahme der direkten Abtreibungskosten durch die Krankenkassen.

Am Ende dieser Entwicklung wird die Tötung ungeborener Kinder nicht mehr als das wahrgenommen werden, was sie ist: ein Akt der Gewalt gegen unschuldige menschliche Lebewesen, denen die Verfassung eigentlich Schutz und die Achtung ihrer Menschenwürde verspricht. Gerade im Jubiläumsjahr „75 Jahre Grundgesetz“ wäre die Abschaffung des § 218 StGB ein alarmierendes Zeichen der weiteren Erosion des Rechtsbewusstseins.

Wer mit dem Schlagwort „Selbstbestimmung“ Abtreibungen rechtfertigen will, verkennt ihren wahren Charakter. Die Tötung ungeborener Kinder ist eine sehr einseitige „Selbstbestimmung“. Das Kind kann nichts für seine Existenz oder dafür, dass es „ungewollt“ ist. Die Verantwortung liegt ganz auf Seiten seiner Eltern. Entscheiden sie sich für eine Abtreibung, wird ein Mensch mit einmaliger Individualität ausgelöscht. Das ist ein Akt ultimativer Fremdbestimmung. Dieses Unrecht kann nur in einer Strafrechtsnorm angemessen zum Ausdruck gebracht werden.

Selbstverständlich sollte ein Rechtsstaat nicht vorrangig auf das Strafrecht setzen, um die Tötung ungeborener Kinder zu verhindern. Flankierend sollten andere Lösungswege gesucht werden. Wo bleibt der Ehrgeiz der Politik, Schwangerschaftskonflikte zu verhindern oder abzumildern? Die Streichung des § 218 StGB hilft dabei nicht.

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